Hast du schon mal jemanden beobachtet, der eine spannende Geschichte liest? Wie sein Blick starr wird, seine Atmung sich verändert. Er unempfindlich wird für die Geräusche um ihn herum? Wie er die Zeit vergisst. Umblättert weiterliest. Wie eine leichte Rötung sich in seinem Gesicht zeigt ...
Das alles sind Anzeichen einer Trance, einer tiefen Konzentration, bei der die Aufmerksamkeit immer mehr nach Innen geht. Auf die Bilder, die vor dem Inneren Auge entstehen. Das kann so lebendig sein, dass sich sogar der Blutdruck, die Herztätigkeit und die Zellfunktion verändern.
Und wie schafft man das, seinen Leser, seine Leserin so hineinzuziehen in eine Geschichte? - Trance ist eigentlich ein Alltagsphänomen. Jeder Mensch hat mehrere kleinere oder größere Trancen im Verlauf eines Tages. Wenn du jemanden siehst, der "abwesend" aus dem Fenster starrt, dann ist er psychologisch gesehen in einer Trance. Wenn jemand gebannt zuhört und an den Lippen und Augen seines Gegenübers hängt. Oder Verliebte, die "nur Augen füreinander" haben - erleben gerade eine kleine Trance.
Um eine Trance hervorzurufen braucht man in erster Linie Verwirrung. Etwas, das nicht stimmt, nicht so ist, wie erwartet, fesselt unsere Aufmerksamkeit unwillkürlich. Das sind Mikrotrancen. Meist klärt sich die Ursache der Verwirrung schnell oder wir stellen fest, dass es nichts ist, das uns sonderlich interessiert, und schon ist unsere Aufmerksamkeit weiter gewandert. -
Um eine richtig schöne tiefe Trance zu erreichen, das heißt deinen Leser oder deine Leserin ganz in deinen Bann zu ziehen, brauchst du also ein zweites Element: es muss ihn oder sie persönlich betreffen, dann ist die Verwirrung eine, die sie auflösen möchten, weil es eben etwas mit ihnen zu tun hat.
Oft ist es ein bestimmtes Wort oder ein Motiv. Zum Beispiel kannst du bei einem Gespräch über einen Liebesfilm in einer Gruppe von vier oder fünf Personen oft feststellen, dass einer "aussteigt". Dann hat ein Wort, ein Bild oder ein Motiv eine so starke Erinnerung geweckt, dass er oder sie dabei hängen geblieben ist. Sie erlebt plötzlich die Stimmung, die Musik, den Geschmack eines ganz bestimmten besonderen Abends wieder.
Die Verwirrung ist in diesem Fall das Ambiente (etwa ein Mittagessen mit Kollegen) oder ein Spaziergang mit einem guten Bekannten und ein Wort oder Bild aus einer ganz anderen Zeit, einer ganz anderen intimeren Beziehung, die nicht zusammen passen.
Solange du diese beiden Elemente aufrecht hälst, wird dein Leser bei dir bleiben. So lange wird er wissen wollen, was da los ist.